Führung

Brauchen wir Führung – Teil 2

01.09.2014

Wir haben Hierarchien, aber nur solange das Projekt läuft.

Detlev Lohmann, Chef eines mittelständischen, schwäbischen Unternehmens

1. Initiatoren und Führungskräfte. Initiatoren nenne ich Menschen, die neue Ideen, Konzepte, Projekte, Produkte umsetzen, die es bisher noch nicht gab. Diese müssen nicht unbedingt hohe Führungsqualitäten haben – denken Sie an Steve Jobs, der zu Beginn keine gute Führungskraft war! Und es braucht Menschen, die sich diesen Ideen und Visionen konkret zur Verfügung stellen.

Nach den Untersuchungen von Jim Collins: „Der Weg zu den Besten“ und „Oben bleiben immer“ sind die wichtigsten und dauerhaft besten Führungskräfte häufig ganz unauffällige Menschen, die auch nicht viel Aufhebens um ihre Person machen. Sie machen einfach ihren Job, der ihnen auch offenbar viel Freude bereitet! Dies wirkt sich offenbar positiv auf die Mitarbeiter aus! Was spricht also dagegen solche Menschen durch die Gruppe wählen zu lassen? Könnte es sogar sein, dass genau diese Scheu, diese Zurückhaltung die Erfolge hervorbringt?

Jedes Unternehmen braucht offenbar – wenige – Initiatoren, Menschen die wirklich etwas Neues einbringen, neue Standards setzen wie zum Beispiel Elon Musk von Tesla Patente für Elektroautos freigab, um einen größeren Markt zu schaffen auch für die eigenen Fahrzeuge. Initiatoren schaffen völlig neue Bedingungen und es braucht offenbar wenige, um in einem Unternehmen neue Möglichkeiten zu schaffen. Oder die beiden Google Gründer, die den Part der Initiatoren noch dadurch betonen, dass sie einen Manager von Außen – Eric Schmidt – einstellten, der ihnen die organisatorischen Komponenten abnimmt. Gute Führungskräfte halten also nicht nur Dinge am Laufen. Wenn Sie Initiatoren sind, dann schaffen Sie auch Neues, gehen neue Wege.

2. Führung entsteht spontan, wenn sie in einem System benötigt wird und es dadurch besser überleben kann, verschwindet auch wieder, wenn sie nicht gebraucht wird. Unternehmen führen sich selbst, wenn wir dies zulassen können! Es ist die Selbststeuerung des Unternehmens, die bestimmte Personen an die Oberfläche spült – wenn Raum dafür entstehen kann! Wir müssen also prüfen, warum diese Selbstorganisation der Führung in vielen Fällen nicht oder kaum entstehen kann!

Wenn klassische (theoretische) Führungsmodelle die komplexen Prozesse in der Wirtschaft und in der Gesellschaft nicht mehr unterstützen, braucht es etwas Neues. Es geht um nichts Geringeres als um die Erkenntnis, dass die meist strahlenden Unternehmensführer in ihrem heute komplexen und unsicheren Umfeld tendenziell immer hilfloser werden. Feste Bezugspunkte, an denen man sich ausrichten könnte, schwinden dahin. Alles ist in Bewegung, und wird zudem immer schnelllebiger. Rast- und Ratlosigkeit machen sich da breit, wenn wir auf Positionen und damit auf die damit verbundenen Machtkämpfe setzen. Gleichwohl gibt man sich nach außen entspannt – so, als hätte man alles im Griff. Das Ergebnis können wir jeden Tag beobachten – in vielen Unternehmen.

Trotzdem: Big Data, ausgeklügelte Methoden, unser geschätztes Erfahrungswissen und die Lehrsätze in unseren Lehrbüchern, auf die wir so stolz sind, erweisen sich zunehmend als untauglich oder sogar gefährlich und kontraproduktiv. Das Einzige, worauf wir uns verlassen können, ist, dass auf die nächste Überraschung die Übernächste folgt. Es dämmert immer mehr, dass am Ende allein der alte Sokrates recht behalten wird: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ Diese Bankrotterklärung des alles erklärenden Chefs ist dann der Beginn einer zukunftsorientierten und effizienten Sicht von Führung. Führung wird weniger wichtig, Positionen schwinden in die Bedeutungslosigkeit. Das Einzige worauf wir dann noch stolz sein können, ist unsere Leistung im Team. Ist doch nicht schlecht – oder? Damit ist aber eine Chance auf die Intelligenz und das Gespür einer engagierten Gruppe. Dafür müssen dann nur noch Rahmenbedingungen geschaffen werden wie die Wahl von Projektleitern, bindende Vereinbarungen in den Teams sowie der Einsatz von Entscheidungsmethoden in Gruppen.

Die rückwärtsgerichtete Reaktion auf diese Erkenntnis? Einerseits der Versuch, alles immer mehr zu kontrollieren. Menschen, Leistungen, Ergebnisse, Vorgehensweisen und Verhalten. Mehr Kontrolle führt jedoch, wie viele Forschungen zeigen zur Minderleistung. Zu einem immer weniger nutzen der Spielräume. Es existiert immer mehr vorauseilender Gehorsam, eine wachsende Selbstbeschränkung. Dabei ist die Existenz einer Atmosphäre des Vertrauens zentral für jeden großen Erfolg.

3. Die Suche nach Führung ist deshalb nicht notwendig. Führung entsteht immer von selbst in Teams, wenn diese für eine Gruppe notwendig erscheint. In unseren Unternehmen würde es reichen, wenn dieser spontane Prozess Raum bekommt. Dadurch wären hohe Freiheitsgrade und natürlich viel Engagement gegeben. Ich meine damit nicht, dass damit die Lautesten mehr Verantwortung bekommen sollten, nein – dafür wird ein Team schon selbst sorgen, dass dies nicht geschieht! Ich meine, dass Führungskräfte von den Teams gewählt werden sollten und natürlich auch abgewählt. Und die Lernkurve ist dabei steil! Das Einzige was klar sein sollte, wären die Regeln. Einige Unternehmen arbeiten bereits sehr gut damit. Und da gibt es vieles, was Produktivität unterstützt und natürlich unterbindet. Damit will ich mich später befassen.

Allerdings bedeutet Raum geben, sich zurückhalten. Und das fällt vielen schwer. Probieren Sie es doch selbst aus!

4. Diese sind für die Selbstführung entscheidend. Sind diese Regeln freiheitlich – lassen sie dem einzelnen genügend Gestaltungsspielraum, dann steuern diese eine Gruppe selbstständig. Auf Regeln, Methoden, Systeme und Modelle die ins Detail gehen, sollte weitgehend verzichtet werden. Nur solche Regeln nutzen, die Spielräume vermitteln und mehr Freiräume für eigene Entscheidungen geben. Dies erhöht Sensibilität und Engagement eines Teams.

Meine Erfahrung in vielen Unternehmen ist genau das Gegenteil. Da werden neue Methoden, Konzepte ohne Vorbereitung eingeführt. Das Rad wird dadurch immer wieder neu erfunden. Was dadurch geschieht, ist eine Einengung des Horizonts und damit eine Selbstbeschränkung die zu Minderleistung führt!

Regeln, Methoden, neue Modelle, Systeme etc. werden meist eingeführt, ohne dass wir genau prüfen, was dies für Auswirkungen mit sich bringt! Unsere Wahrnehmung funktioniert aber immer noch wie früher: das später Kommende wird immer als weniger wichtig angesehen, wenn wir nicht genau prüfen, welche Auswirkungen es hat! Nach meiner Beobachtung wollen neue Modelle, Methoden immer etwas korrigieren – so werden sie verkauft! – sie greifen deshalb fast immer beschränkend in die Kultur ein und sorgen dadurch für weniger Freiheitsgrade, obwohl sie gerade ja deshalb eingesetzt werden, um Effizienz zu erhöhen!

Jedes weitere System, jede weitere Methode schränkt Freiheitsgrade ein, wenn nicht ausdrücklich Altes verabschiedet wird! Mit der Zeit schränkt dies die eigenständige Kreativität und das Engagement immer mehr ein. Menschen wagen immer weniger Eigeninitiative! Damit sorgen solche Systeme genau dafür, dass der förderliche Effekt nicht eintritt, sondern sogar weniger Engagement der Fall ist. Es ist der Irrglaube, dass durch neue Methoden mehr Erfolg entsteht. All dies läuft über den Kopf der wirklich Engagierten hinweg, will denen das Mitdenken und –fühlen wegnehmen und tut es leider mit der Zeit auch. Übrigens: Die guten Unternehmen nutzen meist ganz wenige Methoden, dafür aber selbst entwickelte!

Dazu gibt es noch Einiges zu berichten. Fortsetzung dazu im nächsten Teil!
Zu Teil 1 kommen Sie hier

Herzlichst, Ihr
Bernd Hofmann

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