Führung

Brauchen wir Führung – Teil 1

25.08.2014

Brauchen wir Führung? Nein – sie entsteht und vergeht auch wieder von selbst!

Vor einiger Zeit saß ich mit meinem Kollegen Andreas Zeuch zusammen, Autor des kreativen Buches: <Feel it!> – bei dem es um Innovation und Intuition im Unternehmen geht. Wir diskutierten über Führung. Brauchen wir die überhaupt? Er meinte damit formelle Führung, dass feste Positionen eher ein Zeichen des Alters einer Organisation seien.

Ich hielt diese Frage in unserer Diskussion zunächst nicht für so entscheidend, aber irgendetwas ließ mir keine Ruhe. Wie war denn der Bezug zwischen einer formalen Führungsposition und der Effizienz, der Atmosphäre und dem Alter einer Organisation? Sind weniger formelle Organisationen effizienter, flexibler, ist die Atmosphäre besser?

Ich suchte vor allem praktische Beispiele. Es gibt bei der Führung einmal mutiges Vorausgehen und zweitens Handeln im Sinne der gemeinsamen Vision. Dies ist potentiell im ganzen Unternehmen verteilt. Und es ist diese verteilte Führung als Ganzes, die ein Unternehmen letztlich nach vorne bringt. Also brauchen wir formale Führung? Nein und Ja.

Viele große und bewährte Organisationen kommen ohne sie nicht mehr aus. Dafür leben diese schon eine ganze Zeit. Denken Sie an große Aktiengesellschaften! Unternehmen wie VW, Cisco, Daimler Benz, Exxon. Es sind Unternehmen, die riesige Gewinne ausschütten. Aber ist das der Grund dafür, dass sie groß sind? Nein. Der Grund ist ihre Entwicklung, ihre Produkte und die Werte der Gründer und deren Leistung. Ich nenne sie Initiatoren. Es sind oder waren nicht unbedingt Führer im üblichen Sinn. Es sind die Leute, die alles in Bewegung setzten. Manchmal hatten oder haben sie enorme persönliche Schwächen. Bei Google holten sich die beiden Initiatoren sogar einen Manager von außen, mit dem sie erfolgreich zusammenarbeiten. Dann gibt es noch Menschen, die sich einer Vision, Idee, einem Konzept, einem Unternehmen zur Verfügung stellen. Helfer, die das umsetzen, was andere geschaffen haben.

Was ist noch wichtig? Vielleicht das Alter und die Größe. Aber auch unsere gesellschaftlichen Werte, die heute eher liberal und wenig hierarchieorientiert sind. Es gibt inzwischen auch eine Menge kleinerer Unternehmen, in denen Führung auf Zeit existiert, gewählt wird oder ganz auf sie verzichtet wird. Unternehmen orientieren sich immer an diesen und wenn Werte sich verändern, müssen sie mitziehen!

Meine Thesen

  1. Initiatoren und Führungskräfte. Initiatoren nenne ich Menschen, die neue Ideen, Konzepte, Projekte, Produkte umsetzen, die es bisher noch nicht gab. Diese müssen nicht unbedingt hohe Führungsqualitäten haben – denken Sie an Steve Jobs, der zu Beginn keine gute Führungskraft war! Und es braucht Menschen, die sich diesen Ideen und Visionen konkret zur Verfügung stellen.
  2. Führung entsteht spontan, wenn sie in einem System benötigt wird und es dadurch besser überleben kann, verschwindet auch wieder, wenn sie nicht gebraucht wird. Damit führen Unternehmen sich selbst, wenn wir dies zulassen können! Es ist die Selbststeuerung des Unternehmens, die bestimmte Personen an die Oberfläche spült – wenn Raum dafür entstehen kann!
  3. Die Suche nach Führung ist deshalb nicht notwendig. Führung entsteht immer von selbst in Teams, wenn diese für eine Gruppe notwendig erscheint. In unseren Unternehmen würde es reichen, wenn dieser spontane Prozess Raum bekommt. Dadurch wären hohe Freiheitsgrade und natürlich viel Engagement gegeben. Ich meine damit nicht, dass damit die Lautesten mehr Verantwortung bekommen sollten, nein – dafür wird ein Team schon sorgen, dass dies nicht geschieht! Ich meine, dass Führungskräfte von den Teams gewählt werden sollten und natürlich auch abgewählt. Das Einzige was klar sein sollte, wären die Regeln. Einige Unternehmen arbeiten bereits sehr gut damit.
  4. Was wirklich im Vorfeld geklärt werden muss, sind die Rahmenbedingungen oder Regeln, denen man sich als Team verschreibt. Diese sind für die Selbstführung entscheidend. Sind diese Regeln freiheitlich – lassen sie dem einzelnen genügend Gestaltungsspielraum, dann steuern diese eine Gruppe selbstständig.
  5. Auf Regeln, Methoden, Systeme und Modelle die ins Detail gehen, sollte weitgehend verzichtet werden. Nur solche Regeln nutzen, die Spielräume vermitteln.
  6. Regeln, Methoden, Systeme etc. werden meist eingeführt, ohne dass wir genau prüfen, was dies für Auswirkungen mit sich bringt! Und das danach Kommende wird immer als weniger wichtig angesehen, wenn wir nicht genau prüfen, welche Auswirkungen es hat! Nach meiner Beobachtung wollen neue Modelle, Methoden immer etwas korrigieren, sie greifen deshalb fast immer beschränkend in die Kultur ein und sorgen dadurch für weniger Freiheitsgrade. Jedes weitere System, jede weitere Methode schränkt Freiheitsgrade ein, wenn nicht ausdrücklich Altes verabschiedet wird! Mit der Zeit schränkt dies die Kreativität und das Engagement immer mehr ein. Menschen wagen immer weniger Eigeninitiative! Damit sorgen solche Systeme genau dafür, dass der förderliche Effekt nicht eintritt, sondern sogar weniger Engagement der Fall ist. Und dies ist genau das, was ich immer wieder beobachte. Es ist der Irrglaube, dass durch neue Methoden mehr Erfolg entsteht. All dies läuft über den Kopf der Engagierten hinweg, will denen das Mitdenken und –fühlen wegnehmen und tut es leider mit der Zeit auch. Übrigens: Die guten Unternehmen nutzen meist ganz wenige Methoden, dafür aber selbst entwickelte!
  7. Führung entsteht dadurch, dass sich Menschen andern zur Verfügung stellen. Warum tun sie das? Aus ganz persönlichen Gründen und das ist gut so! Wenn wir dem System die Gelegenheit dafür geben, wir müssen also nichts tun, sondern bestenfalls an den Rahmenbedingungen arbeiten und diese dann so lassen, dass dies geschehen kann. Semco in Sao Paulo seit 25 Jahren und aktuell das Berliner Unternehmen Dark Horse zeigen, wie Unternehmen erfolgreich sein können ohne Führungskräfte.
  8. Gerade für Führungskräfte ist es wichtig, etwas nicht nur mit dem Kopf sondern auch mit dem Herzen zu tun. Erst dann kann sich genug Kraft entfalten, dass sich alles selbst organisiert. Dies ist empathische Führung!
  9. Fest installierte Führung hat große Erfolge und auch die größten Schäden in Unternehmen erzeugt. Wer denn sonst? Die Kunden etwa? Viele Bücher über Führung tun so, als ob es am Wichtigsten wäre, Führungsrollen zu bestimmen! Aber da tun wir das, was sowieso immer im Fokus von Führungskräften stand. Es ist nichts Neues und nicht unbedingt förderlich, sondern meist hinderlich für den Erfolg. Sehr viel Zeit in meiner Beratungsarbeit musste ich mich der Beseitigung von Führungsfehlern widmen! Das ist kein Grund, darauf zu verzichten. Aber wenn Sie das, was wichtig für Sie ist, immer wieder selbst beeinflussen können, dann werden Sie sich auch immer dafür einsetzen! Dann haben Sie die Kraft des ganzen Teams zur Verfügung!
  10. Je formaler Führung in Unternehmen ist, je wichtiger diese erscheinen, desto älter und starrer sind solche Unternehmen.
  11. Wenn Unternehmen zu wenig auf die Werte einer Gesellschaft positiv reagieren, konservieren sie alte Werte und sind deshalb starrer und wirken älter.
  12. Führungskräfte sollen führen. Und weil sie dafür bezahlt werden, tun sie es auch – manchmal da, wo sie weder kompetent sind noch Übersicht oder Klarheit haben.
  13. Es ist für manchen etablierten Manager wichtiger, einen individuellen Akzent zu setzen, als effizient zu führen, denn das ist wenig spektakulär, wie Untersuchungen gezeigt haben. Wenn Positionen in Unternehmen als besonders wichtig angesehen werden, sind sie anfälliger für große Fehler. Je dynamischer Märkte sind, desto eher sollten Unternehmen auf institutionalisierte Führung verzichten. Viele Führungskräfte sind kaum ausgestattet, komplexe Situationen mitarbeiter- oder sogar kundenorientiert zu gestalten. Sie entscheiden auf der Basis von Theorien und Modellen und planen eine Zukunft aufgrund von Faktoren, die unvollständig sind und sich jederzeit ändern können.

Im nächsten Beitrag der Serie befassen wir uns weiter mit dem Thema!

Herzlichst, Ihr
Bernd Hofmann

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