Führung

Führen aus der Hängematte

09.01.2014

Leseprobe

Führen aus der Hängematte von Bernd Hofmann

Führen mit einer Atmosphäre geprägt von Leichtigkeit und Leistung Wenn Sie beliebte Fernsehfilme sehen, werden da oft Bilder von Chefs präsentiert, bei denen leicht das Empfinden entsteht, dass diese alles andere als effizient, verständnisvoll und klug handeln. Woher kommt wohl dieses Bild in der Öffentlichkeit?  Möglicherweise handelt es sich da um eine Sichtweise, wie sie von vielen Berufstätigen erlebt wird. Führungskräfte als Karikatur, als Schatten ihrer selbst. In verschiedenen Facetten: Als Witzfigur, raffinierte hintertriebene Manipulatoren, herzlose Gesellen, als Menschen, die vollkommen neben ihren wirklichen Bedürfnissen stehen. Sie, lieber Leser und ich selbst wissen, dass dieses Bild natürlich nicht der mehrheitlichen Realität entspricht. Es ist selbst eine Karikatur der Wirklichkeit. Dennoch – und da werden Sie mir recht geben, etwas Wahres ist dran. Eigentlich schade, denke ich, aber woran liegt es denn, dass wir solche Bilder in der öffentlichen Kommunikation erleben? Wenn ich bei meinen Kunden bin, wundere ich mich oft über die Hektik, das kurze Denken, die Hast, mit der gearbeitet und natürlich geführt wird. Vieles scheint mit der heißen Nadel gestrickt. Angeblich weil alles immer schneller geht, weil die Konkurrenz nicht schläft, die Kunden anspruchsvoller werden und die Mitarbeiter schwieriger. Verwunderlich ist nur, dass ich dies seit 20 Jahren höre! Und es scheint immer mehr die Normalität darzustellen. Andererseits entdecke ich immer wieder erfolgreiche Führungskräfte und Unternehmen, bei denen Hektik nicht zu finden ist. Offenbar gestalten diese Einiges entscheidend anders, denn auch sie arbeiten in dynamischen Märkten mit Erfolg. Was hat es denn auf sich, mit der Mär von der permanenten Beschleunigung? Glauben Sie auch daran? Wenn unsere inneren Bilder nicht mehr der Außenwelt und ihren vielen Möglichkeiten entsprechen, entwickeln wir Reaktionen, die nicht zur Situation passen. Wir befinden uns dann unter Stress, denn dies ist die ursprüngliche Definition von Hans Selye. Wie können wir erfolgreich führen, ohne uns allmählich zu zerstören, ja, mehr noch – mit Freude? Wie können wir in einer Atmosphäre von Leichtigkeit besondere Leistungen in unseren Unternehmen, unseren Teams sich entfalten lassen? Zwei Fragen, die mich immer beschäftigt haben. Nach dem deutschen Philosophen Peter Sloterdijk, ist unsere Moderne eine Zeit, bei der unser Leben unser eigener Entwurf werden soll. Wir wollen es selbst in die Hand nehmen, gestalten, eigenverantwortlich sein. Befreiend. Jedoch: von Hektik und Burnout steht da nichts. Heißt denn schneller und höhere Produktivität und mehr Erfolg, eine höhere Führungsposition automatisch mehr Stress, weniger Zeit, innere Zerrissenheit, zerstörte Partnerschaften und Familien? Nein. Es bedeutet nur, dass unser Führungsverständnis offenbar zutiefst unzeitgemäß ist. Den Bestseller des in Berlin lebenden kalifonischen Unternehmers Timothy Ferriss: „Die vier Stunden-Woche“ entdeckte ich vor kurzem nach dem Einsteigen in der Tasche eines niederländischen Mitfliegers und Managers. Natürlich in seiner Sprache. Er war begeistert von dem Buch und sprach davon, vieles darin umsetzen zu wollen. Genau das ist das Projekt der Moderne: Immer weniger arbeiten und dabei mehr erreichen. Und dies gilt natürlich auch für Führungskräfte. Noch vor zweihundert Jahren war es ein Ideal der Führenden, nicht arbeiten zu müssen. Muße zu pflegen. Sich mit den Künsten zu befassen. Da ist das andere Extrem. Die entscheidende Frage heute: Erfolgreicher mit mehr Spaß und entspannt führen, ein kaum zu erreichendes Ziel? Mein Buch bietet praktische und pragmatische Lösungen. Wir haben einen Tunnelblick entwickelt, nehmen nur das Nächstliegende wahr. Dies ist ein schleichender Prozess. Ist er erst mal in Gang, gibt es immer weniger Möglichkeiten, je weiter wir gehen. Auch eine Sichtweise bei der wir alles „verstehen“ wollen oder für oder gegen etwas „kämpfen“, deutet darauf hin, dass wir das Wesentliche wohl schon lange aus dem Auge verloren haben. Woher unsere Verwirrung? Wahrnehmen, wirken lassen, handeln und nachempfinden, korrigieren, reichen uns nicht. Vielleicht denken wir zu viel, sind zu viel im Kopf, in unseren Gedanken und haben den Kontakt mit unseren Gefühlen, dem Körper, unserer Wahrnehmung, wirklichen Bedürfnissen und denen unserer gewählten Umgebung verloren? Achten deshalb zu wenig auf das, was ebenfalls zu uns gehört: Unsere natürliche Sensibilität und Instinkte, unsere intuitiven Fähigkeiten, der Sinn für Vollendung und Brillanz, die alle helfen könnten, sinnvolle Wege zu gehen. Mit unserem Beharren, mit Ängsten, was wir verlieren könnten, unseren Einschätzungen und ständigem Unter–Strom–stehen, behindern wir nur uns selbst. Und effizienter werden wir natürlich auch nicht. Führen aus der Hängematte ist eine pragmatische Auseinandersetzung mit bekannten und „beliebten“ Führungsmythen und stellt Leichtigkeit und Leistung ins Zentrum der Betrachtung. Viele Glaubenssätze über Führung halten sich ja ganz besonders zäh und zeigen sich langlebig. Das liegt auch daran, dass diese in den einschlägigen Medien gebetsmühlenartig wiederholt werden. Deshalb finden Sie hier die Auseinandersetzung mit folgenden aktuellen Führungsfragen:
  1. Wie kann Führen müheloser und erfolgreicher geschehen, in einer Atmosphäre von Leichtigkeit?
Die Ideologie, dass Arbeit und damit auch Führungsarbeit anstrengend sein muss, dass wir uns anstrengen müssen, um etwas zu erreichen, ist immer noch prägend für unsere Kultur. Kann Mühelosigkeit dagegen ein Synonym für erfolgreich sein? Sie ist nach meinen Beobachtungen zumindest die Kraft, die eine Arbeitsatmosphäre von Energie und Innovation entstehen lässt.
  1. Was ist mit den unzähligen Innovationen, enorme Leistungssteigerungen, die „nebenbei“ und ohne das Wissen von Führungskräften entstanden? Welche Art von „Führung“ macht dies möglich? Die gerade dann erschienen, wenn keine „Kontrolle“ da war? Auch beim Wachstum von Unternehmen wie Google, die innerhalb weniger Jahre zu Milliardenunternehmen werden? Welche Rolle spielt hier Führung? Und wie sieht die konkret aus?
Wollen wir etwas „im Griff haben“ oder wollen wir hohe Kreativität und Produktivität und damit Freiräume wobei gelegentlich Unüberschaubarkeit oder Nichtvorhersagbarkeit entstehen können – oder anders ausgedrückt: wie kommen Sie mit dem Gefühl klar, das Empfinden zu haben die Kontrolle zu verlieren? Es gibt Schlimmeres!
  1. Wie können wir in Organisationen, Bereiche, Abteilungen, Teams Selbstorganisationskräfte freisetzen?
Solange Sie sich vorwiegend als Macher sehen, werden Sie kaum Selbstorganisation intensiv freisetzen können.  Aber es geht auch anders. Beispiel. Ein Verkaufsleiter im Telekommunikationsbereich betreut mehrere Filialen. Er hat beobachtet, dass ein Shopleiter schlecht delegieren kann. Eine Vereinbarung wurde zwischen den beiden getroffen: Der Shopleiter beschäftigt sich jeden Tag mit zwei Mitarbeitern mindestens je eine Stunde am Vormittag und Nachmittag um diese zu befähigen, mehr Kompetenz und Verantwortung im Shop zu übernehmen. Der Verkaufsleiter und ich besuchen den Shop. Der Shopleiter ist im Backoffice offenbar mit delegierbaren Tätigkeiten beschäftigt. Kein Wort wird verloren. Wir sind wieder 3 Stunden unterwegs und auf dem Rückweg kommen wir noch einmal vorbei. Jetzt finden wir ihn mit Delegationsarbeit beschäftigt. Auch wieder nur Small Talk, wie beim ersten Besuch, aber kein Wort dazu. Was ist der Effekt? Er hat gelernt, die Vereinbarung mit seinem Chef einzuhalten, auch ohne dass dazu noch mal oder wieder und wieder das Gleiche vom Chef gebetsmühlenartig wiederholt wird. Der Mitarbeiter spürt, der Chef hat ein Auge drauf und dies bringt ihn dazu, ebenfalls ein Augenmerk auf Delegation zu legen. Das alles ohne Häme und „hab’ ich Ihnen nicht gesagt …?“
  1. Wie können wir Grundlegendes in Unternehmen bewegen und weniger oder zumindest mit weniger Stress arbeiten?
Werte und Ziele der Führung teilen sich Mitarbeitern über das Wie des Umgangs und nicht über Inhalte mit. Die Art und Weise, wie Sie etwas tun, ist entscheidend für den Stil, die Energie. Dies beginnt zunächst beim wichtigsten: Practice, what you preach! Die Führungsweise und vor allem die Klärung des Selbstbildes bei Verantwortlichen vorzunehmen, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Noch versuchen Führungskräfte gleich ihr neues Führungswissen vor allem zu nutzen, um Mitarbeiter zu manipulieren, anstatt dieses Know-how für sich selbst und die eigene Bewusstheit einzusetzen. Neue Fähigkeiten müssen jedoch zunächst in die Person integriert werden, bevor wir sie an andern testen. Dann wäre ein allmählicher Lernprozess von selbst gewährleistet, und es würde gleichzeitig eine starke Wirkung auf die Mitarbeiter davon ausgehen, ohne zusätzliche Aktion. Wie kann dies gehen? Es würde zunächst genügen, einmal die Wirkung von sich selbst auf andere genauer zu beobachten und sich nicht auf das Übliche: „Weiß ich schon!“ zu stützen. Eine solche Haltung fördert Kopfwissen und ist keine integrierte persönliche Erfahrung.
  1. Wie können wir mehr kreatives Nichttun zulassen und Burnout verhindern oder zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür verringern?
Die richtigen Dinge kontrollieren ist wichtig und den Rest loslassen. Viele Chefs befinden sich offenbar permanent unter Stress, das bedeutet neben den körperlichen Phänomenen, ihre inneren Bilder entsprechen schon lange nicht mehr der Außenwelt und ihren vielen Möglichkeiten. Eine Folge davon: Die Anzahl der registrierten Burnouterkrankungen hat sich in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Wie Sie Energie gewinnen. Die ganzen „Mans“ prüfen, die Automatismen, in denen wir wie selbstverständlich leben und vor allem das, worüber „man“ nicht spricht und leider auch kaum nachdenkt: Was „man“ tun, denken, machen, entscheiden etc. sollte…, das „kenn ich schon!“ Hier gibt es viele erlernte Denk- und Verhaltensweisen, die nicht unsere eigenen sind und die wir gedankenlos übernahmen, ohne sie zu prüfen. Setzen wir uns damit nicht auseinander, wird Arbeit zur Gewohnheit und damit unbewusst. Je mehr wir uns von den vielen kleinen Männern treiben lassen, desto weniger Energie werden wir haben. Eigene Motivationen werden unter den Teppich gekehrt: „Das mach’ ich später!“ – oder dem allmächtigen Gott Verstand geopfert: „Das geht jetzt nicht, weil…“ Der flotteste Weg in die heimliche Burnoutfalle. Die beste Voraussetzung dafür, sich zu verausgaben, für andere, für irgendetwas. Vor allem für bestimmte Ideen und Lebenskonzepte, die sich dann aber leider nicht als die eigenen entpuppen. Sie haben vielleicht das Empfinden, gearbeitet zu werden, aber nicht zu arbeiten. Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir erzogen werden zu funktionieren. Wir werden vom Kindergarten an dressiert wie die Affen. Wir sollen Gemeinschaftswesen sein, uns eingliedern und bloß nicht rebellisch werden. Die Freiheit wird in unserem Land viel zu selten erwähnt. Erich Sixt im „Focus“ 44/2010 Entspannte Hochleistungen in einer Atmosphäre der Überraschungen Wir leben in Wirtschaftsorganisationen jeden Tag in einem Spannungsfeld zwischen dem ständigen Erfolgsnachweis, dem Aufbau zukunftsorientierter Potentiale und einer erfolgsorientierten Atmosphäre. Besonders intensiv können Sie dies in Verkauf, Vertrieb und Service beobachten, jedoch auch in Sportvereinen oder in der Bundesliga. Hier lernen Sie am meisten zu diesem Thema. Wie lösen wir dieses Spannungsverhältnis? Gar nicht! Dieser Gegensatz ist auf der Ebene des Verstandes nicht zu lösen. Robert Fritz nennt ihn einen strukturalen Gegensatz, ein zentrales Element in Organisationen. Er ist und bleibt Kern unternehmerischen Denkens und stellt den Motor des Fortschritts dar. Wenn dieses Spannungsfeld fehlen würde, dann könnten Sie bald ein Abnehmen Ihres Erfolges beobachten und dem Verfall der Leistungen in Ihren Organisationen zusehen. Aber wie gehen wir produktiv damit um? Und wie halten wir Leistungen einer Organisation auf hohem Niveau? Wie erhalten wir die kreative Spannung aufrecht? Es gibt Momente, in denen man wenige Voraussetzungen für den Erfolg in der Hand hält und dann wunderbarerweise – zumindest erscheint es als Wunder – tolle Sachen passieren. Gerade zur rechten Zeit, gegen alle Wahrscheinlichkeit. In der Rückschau ist es immer nett zu denken, alles sei Teil des Planes gewesen. Aber die Führungskräfte wissen es besser. Hinter vorgehaltener Hand wird oft berichtet, dass die Dinge genau da anfingen, zu funktionieren, als man alle Versuche, sie zum Laufen zu bringen aufgegeben hatte. Die Kontrolle zu haben, bedeutet paradoxerweise, die Kontrolle verloren zu haben und mitzuschwimmen. Harrison Owen, Entwickler der Open-Space-Technologie Soweit aus dem Buch: „Führen aus der Hängematte“ von Bernd Hofmann, erhältlich als Taschenbuch oder für Kindle. Fotocredit: Regina Steinhauser / pixelio.de

Ein Gedanke zu „Führen aus der Hängematte“

  1. Sehr interessanter Ansatz, werde mir das Buch mal kaufen, vllt. hilft es mir mal lockerer zu werden, denn ich bin auch einer derjenigen, die immer alles unter Kontrolle haben müssen, und nie auch nur eine Minute ruhig in der Hängematte liegen können.

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