Führung

Führung mit Verstand und Offenheit

03.11.2014

… und seine Grenzen in unserer beschleunigten Welt

Weshalb geraten Menschen wegen einer schnellen Entwicklung eigentlich immer wieder in Panik? Auch heute unter unseren nahezu optimalen Bedingungen? Es ist offenbar eine permanente Überforderung eines Instrumentes unseres Denkens, welches uns half, in den letzten drei Jahrhunderten so viele Veränderungen in unserer Welt zu gestalten, das jedoch auch mit verantwortlich für unser individuelles und kollektives Versagen ist, mit unserer komplexen Welt klarzukommen: Es ist unser Verstand.

Verstandesorientiertes Denken war über Jahrhunderte erfolgreich gewesen. Seit der Renaissance und den Entdeckungen haben Menschen zunehmend bewusster die Welt wahrgenommen und verändert. In der Wirtschaft haben kreative Unternehmer damit riesige Unternehmen geschaffen. Die ganze Welt wächst durch die Technik, den Handel immer mehr zusammen. Es entsteht ein weltweiter Basar. Vielfältig, kreativ und natürlich unübersehbar. Das kann Angst machen. Wir haben den Eindruck, unser kalkulierender innerer Computer reicht zur Steuerung nicht mehr aus. Was nun?

Saßen Sie schon mal am Steuer eines sehr schnellen Fahrzeuges? Eines Porsche, Ferrari oder etwas ähnlichem? Wie eng da plötzlich die Kurven auf einer Autobahn ab 250 km/h aufwärts werden! Ach – schon da? Das kann Spaß machen, aber natürlich auch Angst einflößen. Verständlich – aber – wer hat da Angst – vor was? Kontrollverlust? Angst vor der eigenen Raserei? Angst davor, dass irgendetwas in uns entfesselt wird, was wir nicht mehr kontrollieren können? Angst, die Übersicht zu verlieren? Wahrscheinlich alles zusammen! Wer oder was ist denn das, was Angst hat? Es ist unser Verstand und die daraus resultierenden Gefühle fühlen wir dann.

Vielleicht ist das der Hauptgrund für das von vielen Menschen heute instinktiv empfundene Bedürfnis nach persönlicher Entwicklung? Inzwischen ist dieses massiv geworden und im Mainstream angekommen. Unternehmen bieten für Mitarbeiter Beratung und Seminare dazu an: Stressbewältigung, Meditation, Rückenschule, Pilates etc. Wunsch nach innerem Wachstum? Eine gefühlte Distanz zur Welt, die wir gerne überbrücken wollen? Weil wir spüren, wie unsere aktuellen Fragen nicht mit traditionellen Mitteln gelöst werden können? Weil wir unseren inneren Überlebenscomputer anders programmieren müssen, um die komplexen Fragen zu klären, in denen wir uns befinden?

Individuelle Bewusstwerdung ist als Stressvorsorge sehr wichtig geworden. Aber wie sieht es bei der Führung aus? Wie können wir da erfolgreicher und mit weniger Stress führen? Ein entscheidender Vorteil des kalkulierenden Verstandes ist die Voraussicht, die Planung. Aber: Die innere Vorwegnahme der Zukunft – ist sie eigentlich notwendig oder überhaupt machbar in unserer Basarwelt?

1. Planungsprozesse nehmen in vielen Unternehmen großen – und vor allem zeitlich belastenden – Raum ein! Aber: Wir brauchen nicht im Voraus zu wissen, was sich genau entfaltet! Die Entwicklung der Gesellschaft steuert sich – überraschend – von alleine! Die wichtigsten kreativen Veränderungen unserer Kultur kamen spontan von Einzelnen oder kreativen Teams, die es wagten, ihre eigenen Wege abseits der anderen zu gehen! Der Mainstream war immer zuerst dagegen! Und es gibt in vielen Feldern heute unzählige Menschen, die jeden Tag Neues mit großem Erfolg entwickeln! Beispielsweise sind es Lithiumbatterien aus Computern, die den Tesla S antreiben, weil die Automobilindustrie schon lange Entwicklungen mit herkömmlichen Batterien blockiert hatte, um ihre eigenen, traditionellen Fahrzeuge abzusetzen.

2. Wie entstehen neue Erfolge? Es sind Menschen, die sich aus völlig unterschiedlichen Gründen in eine spezielle Situation, eine Aufgabe, ein Problem eingefühlt haben und entsprechend darauf ge-antwortet haben mit einer persönlich gefühlten freiwilligen Ver-antwortung! Übrigens: Noch nie wurden mehr Entdeckungen oder Erfindungen deshalb getätigt, weil sie staatlich gefördert wurden! Oder haben sich erst deshalb durchgesetzt! Dies ist ein großer Irrtum unserer Kultur! Die meisten Förderprogramme solcher Entwicklungen sind deshalb rausgeworfenes Geld! Und belasten alle Menschen unnötig durch Folgekosten. Das sehen wir auch an den Folgen des EEG. Das Einzige, was es braucht, ist eine offene Kultur und Gesellschaft, in der Entwicklungen von allein besser laufen können!

3. Der Grund, warum Zukunftsprognose meistens nicht klappt, ist nicht nur unser begrenztes Vorstellungsvermögen alternativer Möglichkeiten. Es ist vor allem unsere mangelnde Fähigkeit der Empathie, des Einfühlens und sich tragen Lassens durch uns selbst oder eine Situation. Wir achten auf unsere Vor-stellungen, jedoch nicht auf das, was sich um uns selbst gestaltet. Vorstellungen verstellen das, was sich uns da von allein zur Verfügung stellt. Sich Entwicklungen, die offensichtlich kommen, einfach aussetzen und mit gestalten, genügt uns nicht. Widerstand gegen das, was sowieso entsteht, lässt uns die Zukunft nicht angemessen antizipieren.

Wenn wir über etwas nachdenken – also im Verstand sind – bedeutet das Distanz. Sich einfühlen in das, was kommt, Nähe. Denn wenn Sie Nähe spüren, dann spüren Sie auch das, was sich da tut genau! Ganz praktisch: Ein interessierter Verkäufer erlebt eben eine andere Wirklichkeit in seinem Shop, über die mancher Verkaufsleiter nur reden kann!

4. Unser Verstand, unsere gewachsenen Instinkte selbst, sind zur Lösung unserer Probleme nicht ausreichend. Mag er früher in den überschaubaren Stammesgesellschaften noch sinnvoll funktioniert haben, später Imperien und Wissenschaft aufgebaut haben, wo es auf Konstanz und Verlässlichkeit ankam. In unserer modernen Welt ist er schlicht permanent überfordert. Das können wir jeden Tag beobachten. Die ständigen Wiederholungen unserer Wirtschaftsführer und Politiker im Spiel der Macht, die Lächerlichkeit der Posen, Gesten der unendlichen Manipulationsversuche, die absurden Wiederholungen des urzeitlichen Dominanzspieles werden immer wirkungsloser und von der Realität schnell überholt. Die einfachen Wirkungsketten, mit denen diese Instinkte arbeiten, sind kein Bild mehr unserer Welt draußen, in der alles komplex und für den Verstand unübersichtlich wurde.

5. Wie faszinierend ist es, auf einer bis zu zehnspurigen Straße zu fahren – also 20 insgesamt! Sie haben ständig zwei bis sechs Reihen sich bewegender Fahrzeuge neben sich! Es gibt  eine – im Vergleich mit der Zahl der Fahrzeuge – verschwindend geringe Zahl von Unfällen. Der Selbstorganisationseffekt bei Veränderungen, Spurwechseln, Verlangsamungen ist gewaltig! Ebenso die gegenseitige Achtsamkeit. Genauso faszinierend ist es, wenn Milliarden Menschen am Fernsehen bestimmte interessante Ereignisse verfolgen! Da kommt schnell das Empfinden auf, wie stark wir doch zusammengehören und welche tägliche Leistung allein durch Selbstorganisation entsteht.

6. Überschaubarkeit – ein häufiger Wunsch von Führungskräften und Politikern. Und genau da ist das Problem. Können wir diese überhaupt erreichen? Und wozu ist sie uns so wichtig? Was haben wir wirklich davon? Ach so, wegen der Planungsrituale! Sind diese nur eine Fiktion? Erleichtert der Überblick wirklich die Führung? In vielen Unternehmen hat man da gewaltig reduziert oder die Zeit fressenden Aktivitäten ganz abgeschafft. Ein grober Überblick genügt uns, sagen die Verantwortlichen.

Offenbar scheint unsere – für manche Menschen unbegreifliche Erfahrung – Folgendes zu sein: Wie kann eine komplexe, unüberschaubare Gesellschaft wie unsere Zivilisation oder auch ein großes Unternehmen überhaupt fast von alleine funktionieren? Unser größtes Problem bei dieser Frage ist, dass sie genau das tut. Und meist ganz von selbst. Kaum für den Verstand verstehbar. Denn der ist nur eine komplexe Rechenmaschine und damit Teil des Prozesses einer trennenden Betrachtung. Wenn wir diese Distanz haben, sind wir nur noch mit unseren Bildern beschäftigt, jedoch nicht mehr mit dem verbunden, was geschieht. Aber: Wir müssen auch nicht ständig darüber reflektieren, was geschieht! Der Verstand trägt eh nur einen kleinen Teil zum Erfolg bei! Gerade bei den Aktionen der Verantwortlichen. Da überschätzen sich Politiker, Führungskräfte, Intellektuelle maßlos. Es genügt, ein Bild der zu schaffenden Zukunft zu haben und empathisch dem Weg zu folgen, der sich uns auftut. Und der ist nicht geradlinig. Meist sogar ziemlich verrückt und widersinnig, führt aber trotzdem zum Ziel. Die Zukunft ist nichts Verborgenes, was sich allmählich enthüllt. Sie ist eher etwas, was Menschen innerlich als relevant erkennen und verwirklichen wollen. Die Folge: Zukunft entfaltet sich von selbst, wenn wir unserer inneren Orientierung dabei folgen.

Schon die Fragestellung „Wie können wir Entwicklungen steuern?“ ist falsch. Es funktioniert alles auch so! Vielleicht ist dies die größte Lektion, die wir lernen müssen: Es entwickelt sich alles auch so gut von alleine – vorausgesetzt, wir geben dem Neuen Raum, öffnen den Raum für Selbstentwicklung und schwimmen empathisch mit! Dies gilt für Gesellschaften, Unternehmen und Teams.

Die Frage, wie wir Entwicklungen steuern können, ist schon falsch. Es ist eher umgekehrt: Entwicklungen steuern uns. Für viele Chefs eine schwere Lektion, dass Firmen nicht wegen, sondern trotz der Führung laufen! Fast die schwerste, obwohl das Ergebnis doch so positiv ist: Sie könnten endlich loslassen! Zu einer sich selbst organisierenden Arbeitswelt passt eben auch ein Führungsstil, der selbstorganisierend ist. Mehr Raum lässt. Dies bedeutet auch, sich selbst mehr Raum geben…

Die Lösung für mangelnde Überschaubarkeit ist die Offenheit, sich selbst gegenüber sowie eine Beteiligung der Mitarbeiter mit den neuen Methoden wie Open Space etc., also eine Abgabe der Verantwortung für die Leistungserbringung an diejenigen, die das sowieso leisten.

Viele Menschen haben dies längst durchschaut. Sie empfinden ein Unbehagen an den noch geläufigen Sichtweisen, suchen nach pragmatischen Lösungen für sich selbst und für die Bereiche ihrer gewählten Verantwortung: die Entwicklung des persönlichen Bewusstseins. Auf ganz andere Weise als von Freud in seinem „Unbehagen in der Kultur“ beschrieben. Und sie suchen Lösungen: Im persönlichen Engagement in Methoden, die Geist, Gefühle und Körper besser integrieren, dadurch ihr persönliches Stressniveau verringern, das individuelle Glücksniveau erhöhen. Aber auch in Gruppenmethoden wie Open Space und ähnlichen, die Selbstorganisation als zentrales Organisationselement enthalten. Alles, damit wir besser mit unseren Empfindungen mitgehen können und mehr Freude und Spaß in Job und Leben empfinden. Achten Sie darauf als Chef! Und viel Freude und Offenheit für Ihre Erfolge, die Ihnen zu-fallen werden!

Herzlichst Ihr
Bernd Hofmann

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