Sonstiges

Pleiten, Pech und Pannen – „Das Tagungshotel“

27.03.2014

In unserer losen Reihe „Pleiten, Pech und Pannen“ aus dem Trainerleben lesen Sie heute eine Geschichte unserer Trainerin Susanne Dietz.

Das Tagungshotel

Und es begab sich eines schönen Sommerabends, dass ich in aller Ruhe nach langer Anfahrt den Seminarraum für eine Führungskräfteentwicklung mit Schwerpunkt Feedback, Kommunikation und Konfliktklärung mit allem Pipapo vorbereitete. Das Pipapo war in dem Fall recht umfassend, so, wie es dem dreitägigen Seminar entsprach. Handouts, Pinkarten, Stifte – schön manierlich auf die jeweiligen Teilnehmerplätze drapiert. Die vorbereiteten Flips aufgehangen, Pinwände vorbereitet – eben, wie es sich gehört. Zufrieden mit meinem Werk bettete ich mein müdes Haupt und kam am nächsten Morgen eine Stunde vor Seminarbeginn im Seminarraum an. Ich öffnete die Tür. Ich schaute in den Raum. Kann nicht sein, dachte ich und schloss die Tür wieder von aussen. Ich schaute mich im Foyer um und versuchte, den richtigen Raum zu finden, denn der von eben konnte es nicht sein – er war leer. Nicht ganz – da stand einsam und verlassen mein Moderationskoffer. Hm. Nadoch .. es WAR dieser Raum?! Eine Servicekraft kam daher und ich fragte sie, wo genau denn der Raum „Sonnenschein“ sei. Die junge Frau wies auf eben den Raum mit den Worten: „Da kommen Sie doch grad her.“ Ich blickte ihr schweigend in die Augen: „Dieser Raum ist leer – ich habe meinen Raum gestern abend vorbereitet. Das kann gar nicht sein.“ Die junge Frau wurde blass. „Äh … pfff … derRaumwurdeheutemorgengereinigtschuldigung.“ In mir spielt sich ein emotionaler Erdrutsch ab. Über einen gewissen Unglauben schlidderten meine Gefühle in Richtung Panik, um dann die Kurve via kalte Wut zu bekommen. Und so sprach ich zunächst gefährlich leise: „Junge Frau, holen Sie mir bitte ihren Vorgesetzten. JETZT.“ Die Dame machte fluchtartig kehrt marsch und es kam flott ein geschäftiger Mittdreißiger in tadellosem Businessdress dahergeflogen. „Na, das kann so schlimm nicht sein – wir schauen mal, Frau Dr..“ Gesagt, getan. Er schloss den Raum auf, lugte hinein und sprach mit mir wie mit einem achtzigjährigen Geriatrieanwärter: „Sind Sie sicher, dass Sie den Raum vorbereitet haben? Schaut nicht danach aus. Denken Sie nochmal nach …?“ Ich antwortete leise, und sehr langsam: „SIE denken bitte sehr schnell darüber nach, wo die handouts, Stifte, Pinwände, Flips sein könnten. Und egal wo Sie sie finden – ich erwarte alles innerhalb von 10min in diesem Raum. Sonst vergesse ich mich vor den Augen der Direktion höchstselbst und ich bin mir sicher, dass Sie das nicht erleben wollen.“ Der flotte Mittdreißiger entschwand im Laufschritt, derweil die ersten Teilnehmer um die Ecke kamen. Ich bemühte mich, die Situation ohne große Echauffage zu erklären und die Herren konnten sich eines Grinsens nicht erwehren. Einer meinte: „Was können wir denn jetzt gemeinsam tun, um das irgendwie hinzubekommen?“ Ich schlug vor, Flips und Pinwände zu organisieren und einer der Teilnehmer entschwand mit den Worten: „Ich besorg das vom Hotel – das wollen wir doch mal sehen!“ „Und Stühle – dreizehn Stück für einen Stuhlkreis … und drei Tische!“ rief ich.  Ein zweiter Teilnehmer „Die besorg ich!!“ lief los. „Und der Begrüßungskaffe fehlt – das mach ich jetzt mal klar!“ monierte ein dritter. Ein  vierter teilnehmer kam gerade heran und fragte verwundert: „Was ist denn hier los?!“ Ich antwortete: „Wir kämpfen gegen das System – und wir werden gewinnen.“ „Aha – Revolte?“ fragte er. „Ja so in etwa.“ antwortete ich und erklärte ihm die Situation. Der fliegende mittdreißiger Businessanzug kam wieder angejettet und meinte mit leiser Stimme: „Frau Dr. Dietz es tut mir unendlich leid, die Reinigungskräfte haben irgendwas nicht verstanden und wir können Ihre Unterlagen nicht mehr finden.“ Mittlerweile standen sieben der 12 Teilnehmer um uns herum, was mich nicht davon abhielt Mr. Business anzuknurren: „Haben Sie schon der Logik folgend in den Mülltonnen gegraben? Nein? Dann aber LOS!“ Mr. Business hechtete um die Ecke mit mir und zwei weiteren Teilnehmern auf den Fersen. An den Müllcontainern angekommen standen wir drei mit verschränkten Armen hinter Mr. Servicechef und sahen ihm dabei zu, wie er auf Zehenspitzen in einen Container lugte. „Ich glaube, da könnte was sein.“ Deutete er mir mit Spitzen Fingern an. „Ja dann holen Sie es doch mal RAUS!! Oder lassen Sie denjenigen reinklettern, der nicht rafft, dass man einen neu eingerichteten Seminarraum reinigt und nicht ausräumt bis auf den gottverdammten Teppich!!“ mit riss der Geduldsfaden. Die beiden Teilnehmer hinter mir amüsierten sich hörbar, wichen aber keinen Zentimeter – im Gegenteil – sie deuteten dem flotten Servicechef grinsend, aber klar an, dass sie seine Flucht zu verhindern wüssten, wenn … So eingekeilt telefonierte er nervös mit seinen Angestellten uns zwei junge Männer kamen, um in den Container zu klettern und meine völlig zerknitterten und verdreckten Flips und Handouts heraus zu dröseln. Ich schaute weiß wie eine Wand auf den kläglichen Papierhaufen und flüsterte gerade noch hörbar: „Ich fasse es nicht. Wie viel Blödheit muss unter einem Dach zusammenkommen, dass sowas in einem Seminarhotel passiert.“ Und dann laut an die Herren: „So. Hilft nix, meine Herren, das ist alles unbrauchbar. Wir gehen zurück und schauen mal, was wir machen können. Egal wie – das Seminar findet statt. „Ja genau! Jetzt erst recht!“ munterte mich einer der beiden auf. Zu dritt gingen wir via leerem Seminarraum und ließen die drei Serviceprofessionals einfach stehen. Dort angekommen waren mittlerweile alle anderen Teilnehmer angekommen, ein Stuhlkreis befand sich ebenfalls im Raum. Die drei Tische an der Wand und je zwei Flips und zwei Pinwände waren ebenfalls vorhanden. „Kaffee für alle ist auch schon da! Die vom Hotel haben wir aber mal klargemacht!“ freuten sich die Teilnehmer, die bereits alle im Bilde waren. „Wir auch!“ bestätigte einer meiner beiden kämpferischen Begleiter. Ich schlich innerlich etwas entkräftet zur Kaffemaschine und derweil der ohne Zwischenfälle in meine Tasse lief, üb erlegte ich mir Plan B. Und das hieß nichts anderes, als Improvisation und Flucht nach vorn. Mit der Kaffetasse in der Hand stand ich vor den Teilnehmern und begrüßte sie mit den seltenen Worten: „ Einen ums verrecken guten Morgen, meine Herren. Momentan bin ich etwas stinkig, aber eigentlich kann ich ganz nett sein …“ Alle zwölf Teilnehmer brachen in Gelächter aus. Ich auch. Und das tat so gut. Danach schilderte ich, was ich vorhabe: „Was auch immer an Modellen und Anregungen vorbereitet war, zeichne ich in vivo an. Das ist dann nicht so schön und perfekt, aber mit etwas Humor bekommen wir das hin. Und die Handouts und Übungen sollen die vom Hotel auf eigene Kosten aus meinen Laptop ausdrucken, sonst …“ Ein Teilnehmer malte sich das aus: „Auwei – das mit dem Ausdrucken kriegen die nie hin. Da müssen wir selbst mal drüber schauen, ob alles in der richtigen Reihenfolge ist.“ So kam es dann auch. Aber meine Teilnehmer haben mir dahingehend tatsächlich den Rücken freigehalten, soweit das möglich war, derweil ich in den drei Tagen immer wieder Flips gezeichnet habe, wie der Teufel. Wir waren für das Hotel vermutlich in den drei Tagen ein echter Alptraum. Jedes weitere „Vergehen“ seitens des Services – sei es, dass das Essen zu langsam kam, sei es, dass die Zimmer nicht goutierten, sei es, dass das Bierchen am Abend zu warm war, sei es, dass der Ausweichraum für sechs Personen einfach zu klein war und die blöde Jalousie im Raum „Sonnenschein“  klemmte (da ist der Name Programm), sei es, dass unser Pausencatering nicht rechtzeitig vor Ort war – wurde von uns allen sofort bemerkt und kaltlächelnd kommentiert. Entschuldigungen seitens der Hotelleitung, die dann auch noch während eines Abendessens wortreich über uns ausgeschüttet wurden, nahmen wir schweigend an. Mehr aber auch nicht. Das Seminar an sich war ein voller Erfolg. Wir waren „13 gegen Alle“ und dementsprechend schnell waren wir zusammen geschweißt und per „Du“. Vertrauen, Offenheit und jede Menge Humor waren durch das Lösen dieses Debakels von vornherein da und so konnten wir ein gemeinsames Seminarergebnis, sowie Individualergebnisse erzielen, von denen, glaube ich, jeder Trainer und Berater nur träumen kann. Was aber nicht heißt, dass ich so ein Seminar-Opening für die Zukunft ernsthaft in Erwägung zöge. Ich doch nicht.

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